(Bilinguale) Erziehung – kein Selbstläufer
Bereits während meines Studiums bin ich immer wieder auf bilinguale Familien getroffen und konnte viel beobachten und lernen. Eines ist mir dabei früh aufgefallen: Auch wenn ein Elternteil Muttersprachler einer Sprache ist, muss das nicht dazu führen, dass die Kinder diese Sprache sprechen, schon gar nicht, dass sie Bücher in der Sprache lesen können. Wie so vieles ist auch bilinguale Erziehung ein großes Stück Arbeit – egal, ob man sich für die Variante entschieden hat, dass ein Elternteil eine Sprache spricht (OPOL) oder wie wir, dass die Minderheitensprache zur Familiensprache (ml@h) wird oder für eine andere der vielen weiteren Methoden.
Gerade weil es so einfach ist für Kinder nur eine Sprache aktiv zu sprechen, auch wenn ein Elternteil zwei Sprachen fließend mit ihnen spricht, habe ich mir früh Gedanken zur bilingualen Erziehung gemacht. Und genau dies hat uns zu diesem Blog motiviert. Nur das, was ich jetzt lerne, kann ich meinem Kind auch beibringen.
Bevor ich also mir Gedanken mache, wie ich die Bilingualität meines Kindes fördern kann, muss ich zuerst überlegen, wie ich meine eigenen Sprachkenntnisse ausbauen kann. Und obwohl ich bereits viele Sprachen gelernt habe – die eine besser, die andere schlechter – war ich nie ein Freund des Vokabelpaukens. Bereits zu Schulzeiten habe ich lieber ein Buch in die Hand genommen und gelesen als mir eine Liste mit Vokabeln einzutrichtern. Natürlich konnte ich dann nicht jeden Satz Wort für Wort verstehen, doch man lernt schnell die Schlüsselvokabeln zu übersetzen und den Rest sich aus dem Kontext zu holen. Dies fällt allerdings nicht allen leicht. Mein Mann hasst es, wenn er einen kleinen Text übersetzt und nur ein einziges Wort dabei unbekannt bleibt. Jeder lernt also individuell, doch gerade im Arbeitsleben, dann noch mit Kindern, ist das Pauken von Vokabeln utopisch.
Wie kann man also Vokabeln kreativ in den Alltag einbinden? Man kann zum Beispiel Klebezettel an Schränke, Türen, Tische etc. kleben mit dem persischen Wort. Das hat leider bei mir nicht gut funktioniert – auch weil die Zettel nicht gut klebten und man sich schnell angewöhnt, sie zu ignorieren. Eine neue Idee waren Poster für die einzelnen Zimmer mit den persischen Wörtern der wichtigsten Gegenstände. Da ich leidenschaftlich gerne koche, habe ich mit der Küche begonnen. Wie mein Vati schon immer sagte: Man muss nicht alles wissen, man muss sich nur zu helfen wissen! Und es klappt wunderbar – wenn ich Sahne schlage oder Teig knete, schaue ich mir das Poster an.

Das wichtigste für jeden sollte dabei sein, dass es Spaß macht. Denn auch wenn bilinguale Erziehung Arbeit ist, sollte es am Ende des Tages Freude bereiten. Wenn dem nicht so ist und ein oder sogar beide Elternteile an ihre Grenzen stoßen, sollte man die Methode evaluieren. Vielleicht wird es in wenigen Monaten mir zu viel, mit meinem Kind nur in einer Fremdsprache zu sprechen? Vielleicht möchte mein Mann auch Deutsch mit seinem Kind reden? Sprache soll unsere Emotionen, Bedürfnisse und Wünsche ausdrücken – wenn es sich falsch anfühlt, dann sollte man in der Familie überlegen, einen anderen Weg zu gehen.
Für jetzt fühlen wir uns sehr wohl in unseren Rollen und reden nunmehr seit 8 Monaten nur auf Persisch mit unserem Baby. Mehr und mehr sprechen wir auch zu zweit über unseren Alltag auf Persisch, doch noch genießen wir die letzten Wochen, in denen Deutsch in unserer Wohnung die Amtssprache ist.


Wo ist der Topf, in der Schublade oder im Schrank?
Als nächstes folgt das Bad. Beim Zähneputzen hat man immerhin zwei Minuten zweimal täglich um sich die Vokabeln anzusehen. Und wie ist es bei euch? Was hilft euch beim Lernen im stressigen Alltag? Habt ihr Tipps, die ihr teilen möchtet? Schreibt es gerne in die Kommentare.